Absinthique
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Geschichte aus der Sammlung Amundsen, von den Grönländischen Kalaqlit (im Osten des Landes erzählt):

Asatchaqs Kampf mit dem Fresser im blauen Land

Im Dorf Taukagiltik lebte einst Asatchaq, den man überall für einen großen Schamanen hielt. Er hatte viele Menschen geheilt, mit dem Pockengeist gerungen und ihn niedergeworfen und sieben Wale auf den Strand von Taukagiltik gelockt. Eines Tages holte man ihn ein Haus, in dem ein krankes Kind lag. Die Eltern waren sehr verzweifelt und versprachen Asatchaq ein ganzes Ik voller Seehundhäute und Bälgen mit Öl, sowie sehr schön bestickte Kamiker, wenn er das Kind heilen wolle.

"Ich weiß nicht, wer in ihm sitzt, doch ich kann es ja versuchen."

Asatchaq holt sein Kostüm und seine Trommel und begann mit der Heilung. Er tanzte und trommelte sehr lange und rief alle Geister zusammen. Dann rief er seinen mächtigsten Verbündeten Nanook, den weißen Bären und tauchte mit ihm ins Meer, um Sedna um Beistand zu bitten. Doch der Weg war versperrt von einem mächtigen und zornigen Robbengeist, der immerzu schrie: Matikat hat meine Blase gegessen, Matikat hat meine Blase gegessen. Da tauchte Asatchaq zwischen zwei Eischollen weg, um sie zu umgehen. Er schwamm durch eine lange gewundene Höhle. Dann sah er vor sich ein helles Licht und tauchte auf. Er stand auf einer kahlen Ebene voller Steine und ohne eine Pflanze, wie die Spitze eines Nunataker. Sogar die Sonne schien hier krank zu sein und große schwarze Vögel kreisten um ihn und schrien. Ein Stein schien aus dem Boden zu wachsen, der war wie Tang auf Schiefer und Asatchaqs Herz füllte sich mit Angst, denn ein schrecklicher Geist hatte ihn angesehen und eine Geisterharpune in sein Inuk getrieben. Nun saß der Harpunenkopf fest und er hing an der Fangleine des Fressers und konnte nicht zurück. Doch er sang ein Lied, das sein Großmutter ihn gelehrt hatte und das nur wenig Worte hatte. Es war ein altes Lied, das vom Schneiden handelte in einer alten Sprache.

Aimilik taningituq naukan ulik

Seschikscha lanit naukan ulik

Ulu sernikilik, ulu umigmak ulik

Doch der Fresser ruckte an der Leine, wie ein grausamer Jäger es tut, und die schwarzen Vögel stießen herab und hackten nach ihm wie nach Aas. Da rief und lockte Asatchaq seine Freunde und aus dem Tunnel sprangen der Wieselgeist, der Wiedehopfgeist, Der Heilbuttgeist und eine feuerrote Gans. Sie tanzten um den verwundeten Asatchaq und verwirrten die schrecklich schwarzen Vögel sehr, so daß sie nicht wußten wohin sie greifen sollten.

Asatchaq lockte weiter und schließlich sprang auch Nanook , der weiße Bär, aus dem Tunnel. Auf seinem Rücken erkannte Asatchaq den Geist seines Lehrers Umigook.

Der funkelte ihn wütend an und schrie: "Bist Du ein dummes Kind, daß Du dich hierher verirrst? Habe ich meine Macht an einen Toren weitergegeben?"

Asatchaq sang das Lied vom Schneiden und die Anwesenheit von Nanook und Umigook machte seine Stimme so stark und laut, daß die Steine rings um ihn in zwei Teile zerfielen. Als er das Lied zum dritten Mal sang, da endlich zerriß die Leine des Fressers und Asatchaq taumelte zurück zum Tunnel. Doch er war sehr müde und konnte den kleinen Eingang nicht finden. Da rief er das Wiesel. Es kam herbei, und auch die Rote Gans, und sprang voraus in den Tunnel. Asatchaq kam hinterher. In der Dunkelheit war er wieder verloren. Da verwandelte sich das Wiesel in den Klang seiner Trommel und die rote Gans in den Schein einer Fettlampe. Asatchaq wachte auf einem Totenlager auf, denn die Leute hatten geglaubt er wäre gestorben. Neben ihm lag der Junge, der ebenfalls tot war. Der Vater des kranken Kindes schlug die Trommel, denn er hatte noch immer auf die Rückkehr der beiden gehofft. Asatchaq spie Blut und Meerwasser aus und sprang auf, dann zerbrach er seine Trommel und zerriß sein Kostüm. Nie wieder schickte er seine Seele auf eine Reise.