Absinthique
zurückblättern Inhalt weiterblättern
5. August
Heute abend brach die Katastrophe über uns herein. Wir saßen im Boot und die Neger stakten wie üblich, als plötzlich mit einem häßlichen "Klong" etwas vom Boot abprallte. Daß es ein Pfeil war, realisierten wir erst, als noch etwas quer über unser Boot zischte und die Neger sich zu Boden warfen. Wir taten es ihnen nach; binnen weniger Sekunden hatten aber Jerôme, Burro und auch Kees ihre Gewehre entsichert und schossen, knapp über die Bordkante gebeugt, wie die Teufel ins Ufergrün. Über uns flogen die Pfeile. Bradley und ich waren deutlich langsamer, als ich plötzlich sah, wie Le Cul sich aufrichtete. In seinem Fieber hatte er zwar bemerkt, daß etwas vor sich ging, erkannte jedoch nicht, was und spähte in Richtung Ufer. Ich brüllte ihm eine Warnung zu, doch traf ihn im gleichen Moment ein Pfeil. Er prallte zurück an die Bordwand und rutschte zu Boden. Ich robbte zu ihm herüber und er sah mich an; der Pfeil ragte aus seinem Hals. Das Blut pulste mir entgegen. Die Schlagader war getroffen und da wäre auch unter idealen Bedingungen kaum etwas zu machen gewesen; die Bedingungen eines Negerkanus sind aber nicht ideal. Die Blutung stand nicht auf Kompression und so konnte ich nichts mehr für ihn tun. Boy war ebenfalls da und kroch um ihn herum, versuche sogar mich wegzudrängen, wenn auch eher aus Verzweifelung. Le Cul hob seine Hand, streichelte Boy mit einer sanften - nicht kraftlosen, sondern wirklich sanften Geste die Wange, dann weiteten sich deine Augen plötzlich, als sehe er etwas Grauenhaftes hinter Boy, er schluckte und stieß hervor: "LE NOIR!!". Abrupt ermatteten die Augen wieder, er schien Boy wieder zu sehen, seine Züge entspannten sich etwas, dann fiel der Kopf zur Seite und der erste von uns war tot. Es war fast widersinnig - wegen Le Culs Fieber hatte ich mir seit Tagen Gedanken gemacht, doch er starb an einem Pfeil.
Unterdessen hatten die Gewehre der anderen ganze Arbeit geleistet, jedenfalls war der Pfeilhagel völlig verebbt. Kees war zurück ins Boot gesunken, er atmete pfeifend, die kurzfristige Höchstleistung trotz Fieber forderte ihren Tribut. Ein Neger hatte einen schrägen, heftig blutenden Durchschuß des Armes abbekommen, der sich aber gut versorgen ließ, ansonsten hatten wir keine weiteren Verletzten.
Auf der Strecke geblieben sind freilich auch die Stangen. Bis auf eine, die zufällig im Boot landete, sind sie sämtlich in den Fluß gefallen, als die Neger sie losließen. Wir werden uns morgen darum kümmern müssen, neue Gefahr. Mit der einen verbliebenen Stange sind wir noch etwa eine halbe Meile flußaufwärts gekommen.
Le Cul wurde im Fluß bestattet, obwohl Boy es nicht zulassen wollte.